Leistungsanspruch und "Poolmodell"

Frankfurt Schulbegleitung

Leistungsanspruch bei Teilhabeassistenz/Schulbegleitung nach SGB IX - Problematik der sog. Pool-Modelle

Für alle Betroffenen senden wir die rechtlichen Grundlagen des SGB IX zur Info, die sie für ihre leistungsberechtigten Kinder gem. SGB IX einfordern sollten:

Es besteht eine Antragserfordernis:

Die Eltern müssen den Antrag stellen. Sie tun das im Einklang mit der Schule. Nur wenn die Eltern für ihr Kind einen Antrag gestellt haben, können sie diese Hilfe für ihr Kind in Anspruch nehmen. Der Antragsbeginn gilt grundsätzlich ab dem Ersteb des Monats, in dem der Antrag gestellt wurde.

Leistungen zur Teilhabe an Bildung:

Leistungen zur Teilhabe an Bildung sind Hilfen zu einer Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung zur Umsetzung der Schulpflicht. (§ 112 Abs. 1 SGB IX).

Hilfen

  • zur schulischen oder hochschulischen Ausbildung oder Weiterbildung für einen Beruf.
  • nach Satz 1 Nummer 1 umfassen auch heilpädagogische und sonstige Maßnahmen, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, der leistungsberechtigten Person den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern. (z.B. außerschulische Therapien)
  • nach Satz 1 umfassen auch Gegenstände und Hilfsmittel, die wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zur Teilhabe an Bildung erforderlich sind. Voraussetzung für eine Hilfsmittelversorgung ist, dass die leistungsberechtigte Person das Hilfsmittel bedienen kann. Die Versorgung mit Hilfsmitteln schließt eine notwendige Unterweisung im Gebrauch und eine notwendige Instandhaltung oder Änderung ein. (z.B. Umsetzung von Multitext in Schule).
  • zur Teilnahme an Fernunterricht,
  • zur Ableistung eines Praktikums, das für den Schul- oder Hochschulbesuch oder für die Berufszulassung erforderlich ist, und
  • zur Teilnahme an Maßnahmen zur Vorbereitung auf die schulische oder hochschulische Ausbildung oder Weiterbildung für einen Beruf.

Sie sind dem Leistungsberechtigten unabhängig vom Einkommen der Eltern zu bewilligen.

Fristenregelung bei Antragstellung:

Der zuständige Rehaträger (in FFM das Sozialrathaus) hat die Zuständigkeit innerhalb von zwei Wochen zu prüfen. Leitet er den Antrag nicht innerhalb dieser Frist weiter, bleibt er zuständig und muss daraufhin den Antrag fristgerecht prüfen und bescheiden. (§ 14 Abs. 1 SGB IX)

Muss für die Feststellung des Bedarfs kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. (Die Einholung einer behördeninternen, amtsärztlichen Stellungnahme verlängert die Frist nicht.) (§ 14 Abs. 2 SGB IX)

Gesamtplanverfahren:

Der Rehabilitationsträger stellt den Bedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen. (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Das Instrument zur Bedarfsermittlung ist der Gesamtplan. Das dazugehörige Verfahren (Gesamtplanverfahren § 117 bis § 122 SGB IX) hat der Reha-Träger verpflichtend durchzuführen.

Das Gesamtplanverfahren ist nach folgenden Maßstäben durchzuführen: Beteiligung des Leistungsberechtigten in allen Verfahrensschritten, beginnend mit der Beratung, Dokumentation der Wünsche des Leistungsberechtigten zu Ziel und Art der Leistungen, Beachtung u.a. der Kriterien: transparent, interdisziplinär, konsensorientiert, individuell.

Die Besonderheit des Einzelfalles:

Die Leistungen bestimmen sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfes, den persönlichen Verhältnissen und den eigenen Kräften und Mitteln. Sie werden so lange geleistet, wie die Teilhabeziele nach Maßgabe des Gesamtplanes (§ 121) erreichbar sind. (§ 104 SGB IX)

Gemeinsame Leistungserbringung:

Die in der Schule eingesetzte Begleitung kann an mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam erbracht werden, soweit dies nach § 104 für die Leistungsberechtigten zumutbar ist und mit Leistungserbringern entsprechende Vereinbarungen bestehen. Die Leistungen nach Satz 1 sind auf Wunsch der Leistungsberechtigten gemeinsam zu erbringen.

Maßgeblich ist die Deckung des individuellen Bedarfs des Kindes, wie er im Gesamtplan festgestellt wurde und im Sinne der Garantie, dass die im Gesamtplan vereinbarten Ziele in dieser Form für das jeweilige Kind auch umgesetzt werden können.

Schulischer Ganztag:

Die Hilfen nach § 112 SGB IX schließen Leistungen zur Unterstützung schulischer Ganztagsangebote in der offenen Form ein, die im Einklang mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule stehen (vgl. § 15 HSchG) und unter deren Aufsicht und Verantwortung ausgeführt werden, an den stundenplanmäßigen Unterricht anknüpfen (vgl. Förderplanung) und in der Regel in den Räumlichkeiten der Schule oder in deren Umfeld durchgeführt werden. (§ 112 Abs. 1 SGB IX)

Wunsch- und Wahlrecht:

Bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. (§ 8 SGB IX)

Diese Wünsche fließen in die Gesamtplanung (§ 117 SGB IX) ein. Die Wünsche der Leistungsberechtigten sind nur dann nicht angemessen, wenn sie zu einer besonderen finanziellen Mehrbelastung des Rehabilitationsträgers führen würden (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2003, B 3 KR 30/02 R).

Äußern die Eltern zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Teilhabe also einen Wunsch, der höhere Kosten verursacht, muss der Rehabilitationträger in jedem Einzelfall nach § 8 entscheiden, ob die Wirtschaftlichkeit Vorrang hat vor dem Wunsch des Berechtigten unter Berücksichtigung seiner individuellen Lebensverhältnisse und -umstände. D.h. selbst bei höheren Kosten müssen die Ziele und die Notwendigkeit der Maßnahmen im Rahmen der Gesamtplanung gegenüber den Kosten abgewogen werden.

Einrichtung von sog. Pool-Modellen:

Die Einrichtung eines Pools ist im SGB IX nicht vorgesehen. Denn sie widerspricht in ihrem Charakter der Vorgabe der personenzentrierten und bedarfsgerechten Leistung und missachtet die Vorgaben des sozialrechtlichen Leistungsdreiecks (Kostenträger - Leistungsberechtigter - Leistungserbringer).

Die "Empfehlungen des Deutschen Vereins" von 2021 beschreiben zwei Formen von Poolmodellen, die mit Einschränkungen neben dem Sozialrecht an Schulen möglich sind:

Das "fallabhängige Poolmodell":

  • Die Bildung eines fallabhängigen Poolmodells erfolgt im Rahmen des sozialrechtlichen Dreiecks unter Einbeziehung der Schule. Anspruchsgrundlage für die Bedarfsprüfung bleibt der individuelle Rechtsanspruch der Schülerinnen und Schüler mit einer (drohenden) Behinderung nach § 112 SGB IX bzw. § 35a SGB VIII. ("Fallabhängiges Pool-Modell" vgl. Deutscher Verein, 2021, S. 13, s. Anhang)
  • Da der Individualanspruch bestehen bleibt, muss die Gesamtplanung beim einzelnen Kind einbezogen werden und "es sind einzelne, individuell über die jeweiligen Angebote des Pools hinausgehenden Bedarfe als individueller Anspruch zu gewähren". (ebenda S. 14)

Das "fallunabhängige Poolmodell":

  • Das infrastrukturelle Poolmodell wird demgegenüber außerhalb des sozialrechtlichen Dreiecks entwickelt. Infrastrukturmodelle finden keine Grundlage im Recht der Eingliederungshilfe des SGB IX oder des SGB VIII, da die Eingliederungshilfe eine personenzentrierte, bedarfsdeckende Individualleistung ist.
  • Sie ersetzen in keinem Fall den individuellen Anspruch des Kindes auf die personenzentrierte und bedarfsdeckende Hilfe, die jeweils immer im Rahmen des Gesamtplanverfahrens zu prüfen ist.

Für weitere Informationen rund um die schulische Eingliederungshilfe wenden Sie sich gern an uns.

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